PITT®

nach Prof. Dr. Luise Reddemann


Die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie, kurz PITT®,

 setzt sich aus den drei Notwendigkeiten in der Arbeit mit schweren seelischen Verletzungen mit traumatischer Qualität und Folge zusammen. 

Diese Bausteine gründen auf dem 3-Phasen-Modell des traumatischen Verarbeitungsprozesses nach Pierre Janet und zentrieren Stabilisierung, Konfrontation und Integration & Neuorientierung als die drei Notwendigkeiten für eine erfolgreiche Verarbeitung traumatischer Erfahrungen. 


NEXT: 21.-22.03.2025, Berlin: Schwere Bindungstraumata leichter behandeln – Einführung in die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie

mit Anna van Keßel

Seelischem Leid mitfühlend begegnen


Die PITT® ist begründet worden von Prof. Dr. Luise Reddemann und zentriert die Behandlung von komplexen Traumafolgestörungen, die oftmals das Bindungssystem der Patient:innen geprägt haben. 

Dieser resilienzorientierte, tiefenpsychologisch fundierte Ansatz der Traumatherapie fragt danach, was Menschen hilft, mit schweren Belastungen fertig zu werden. Leiden und überlebensnotwendige Bewältigungsmechanismen werden im Wissen darum gewürdigt, dass jeder Mensch seelische Widerstandskraft und darin enthaltene Ressourcen mitbringt und kreative Überlebensformen entwickelt hat. Leitend ist hierbei das Konzept der Selbstregulierung und Selbstheilung.

Behutsam werden gegenwarts- und zukunftsorientierte Räume äußerer und innerer Sicherheit erarbeitet, die einen Aufbau emotional stabiler Beziehungen ermöglichen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Ego-State-orientierten Arbeit auf der „inneren Bühne" mit verletzten und verletzenden Anteilen der Persönlichkeit. 



Welche Fortbildungen kann ich als Therapeut:in besuchen?

PITT®

Die tiefenpsychologisch fundierte Fortbildungsreihe des 

PITT® Basis Curriculums umfasst alle traumatherapeutischen Schwerpunkte des psychodynamischen Arbeitens mit komplexen Traumafolgestörungen. 

Die drei Module von jeweils 2-3 Tagen unterscheiden sich in den Themenschwerpunkten: Stabilisierung, Ego-States und Konfrontation  & Integration in die Lebensgeschichte. Je nach Institut und Veranstaltungsort unterscheiden sich die Blöcke in Länge und thematischer Aufteilung, bieten jedoch alle durch die Dozent:innen individualisierte Inhalte, die  in der Konzeptualisierung Luise Reddemanns Feder entspringen.

Voraussetzung bei allen Fortbildungen sind die theoretischen Grundlagen der Psychotraumatologie.


PITT Modul I: Stabilisierung

Themenschwerpunkt des ersten Seminarblocks sind die besonderen Herausforderungen im Arbeiten mit komplexen Traumafolgestörungen, die Grundlagen der Stabilisierung nach PITT®, Achtsamkeits-und Mitgefühlsorientierte Grundhaltungen, Arbeiten mit Imagination als heilsame Kraft und Einführung der Anteilearbeit (Ego-State-Ansatz) mit Fokus auf dem Umgang mit verletzten jüngeren Anteilen.

PITT Modul II: Ego States

Themenschwerpunkt des zweiten Seminarblocks sind die Vertiefungen der Ego-State-orientierten Arbeit mit dem Schwerpunkt auf verletzende Anteile im Rahmen der Stabilisierung. Der zweite Teil umfasst Fallorientierte Arbeit und Übungen in Kleingruppen.

 Die Voraussetzungen ist die Teilnahme an dem ersten 

PITT® Modul.


PITT Modul III: Konfrontation & Integration

Themenschwerpunkt des dritten und letzten Seminarblocks ist die vertiefende Arbeit mit verletzenden Anteilen unter Einbezug der eigenen Fallvorstellungen. Als neuer Traumatherapeutischer Baustein wird die Traumakonfrontation inkl. der Trostphase nach PITT® betrachtet. Gemeinsam wird erfahren, dass durch diesen behutsamen Ansatz eine ausreichend gute Integration des traumatischen Materials in die Lebensgeschichte erfolgen kann.


PITT Aufbaumodul KiJu

Das Aufbaumodul für das Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen mit Hilfe von PITT® wurde entwickelt, um spielerische Elemente der Anteilearbeit auch in diesem Rahmen nutzen zu lernen. Entdecken Sie wie die mitgefühls-orientierte Arbeit mit frühen seelischen Verletzungen auch im Spiel möglich ist.

 Die Voraussetzungen ist die Teilnahme an den drei Basis PITT® Modulen aus dem Curriculum.


Haltung & Menschenbild

 

Die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT®) ist ein von Luise Reddemann entwickeltes Verfahren zur Behandlung komplexer Traumafolgestörungen.

 

Die Behandlung einer komplexen Traumafolgestörung stellt aufgrund der umfassenden Symptomatik eine besondere Herausforderung dar. 

Eine komplexe Traumafolgestörung entwickelt sich über früh einsetzende, wiederholt stattfindende und sich über wichtige Entwicklungsphasen erstreckende Gewalterfahrungen – physisch, psychisch, sexualisiert – von wichtigen Bezugspersonen ausgehend (Typ-II-Traumata). Bindungsstörungen und emotionale Vernachlässigung gehören zu den kindlichen Erfahrungen. 

Resultierende Folgestörungen zeigen sich in den Bereichen der Affektsteuerung und Impulskontrolle, Aufmerksamkeit und Bewusstsein, Beziehungsgestaltung zum Selbst und zu anderen, Selbstwahrnehmung, Lebenseinstellung und Weltverständnis und gehen eher regelhaft mit multiplen Komorbiditäten einher, wie somatischen Krankheiten, Schmerzstörungen, aber auch Substanzmissbrauch. 

 

Das therapeutische Vorgehen gemäß PITT® ist in der Literatur von Luise Reddemann beschrieben und orientiert sich in der Anwendung stets an der Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen, mit seiner individuellen Geschichte. 

Schutz und Achtung der Würde der Patient:innen ist einer der zentralen Bausteine einer Behandlung gemäß PITT®. Mit der Haltung des ‚Beidäugigen Sehens‘, ein Begriff, den Reddemann von Fürstenau übernommen hat, werden Patient:innen in ihren Problemen, aber dem gleichwertig in ihren Stärken und Ressourcen wahrgenommen. Inneren Schreckensbildern werden hilfreiche und tröstliche Gegengewichte gegenübergestellt. Wir schauen auf das erfahrene Leid auch mit der Frage, was damals schon geholfen habe, das Schlimme zu überleben. Die resilienzorientierte Haltung gegenüber den Patient:innen, dass sie immer schon das ihr Mögliche versucht und getan haben, hilft, sich selbst in eigenen Stärken und Ressourcen wahrzunehmen und darüber Schuld- und Schamgefühle zu reduzieren. 

Es geht in der Arbeit mit PITT® ganz zentral darum, über Trauer, Trost und Mitgefühl Wege zur Akzeptanz des nun bewusst werdenden alten Schmerzes, der lange im Dienste des Überleben-Müssens nicht gespürt werden durfte, also verdrängt werden musste, zu entwickeln. Die Würdigung des erfahrenen Leides auf Seiten der Patient:innen ist dabei eine wichtige Größe. 

 

PITT® zielt darauf ab, den Menschen in seiner Ganzheit zu verstehen und Patient:innen als kompetente Überlebende, die bereits in einem jungen Lebensalter aufgrund widriger Lebensumstände genötigt waren, eine Anpassungsleistung an diese nicht zu verändernden und nicht zu vermeidenden äußeren Umstände vollziehen zu müssen. Diese Anpassung, im Sinne der Bindung an die wichtigen Bezugspersonen  konnte nur unter Entwicklung von Symptomen gelingen, die demnach keine gute, aber die damals bestmögliche Kompensation boten, um das Überleben zu sichern.  

Dieser überlebenssichernde Aspekt der Symptomatik, unter der die erwachsenen Patient:innen leiden, kann nur in seiner Entstehungszeit verstanden werden, als hilfloser, kindlicher Versuch, widrige, gewaltvolle, lebensbedrohliche Umstände zu überleben. Hier zeigen sich Lebens- und Überlebenswille des Kindes, die es in der Therapie zu würdigen gilt. 

Das, was ehemals dem Überleben gedient hat, besteht im Inneren fort und führt in der Gegenwart für die erwachsenen Patient:innen zu Problemen, Einschränkungen, Leid. Es geht also darum, einen Kontextbezug zu vermitteln, in dem alte Muster als nicht mehr hilfreich und damit als veränderbar erlebt werden können. 

PITT® geht davon aus, dass über die Erfahrung einer verlässlichen, wertschätzenden, die Entwicklung fördernden Beziehung der heile Kern, der im Inneren überlebt hat, wieder gestärkt werden und sich wieder entwickeln kann. Dafür gilt es, innewohnende selbstregulative Kräfte zu aktivieren und zu mehren. Entsprechend der Grundannahme der kompetenten Patient:innen, wird dabei stets auf das zurückgegriffen, was die Patient:innen bereits mitbringen. 

Die würdeorientierte Haltung den Patient:innen gegenüber, macht es zwingend notwendig, dass jeder Schritt in der Therapie einer ausreichenden Aufklärung und der  Zustimmung der Patient:innen bedarf (‚informed consent‘), wodurch Patient:innen zunehmend Kontrolle und Steuerung der Behandlung erfahren. 

Patient:innen wird damit unbedingt das Recht auf ein „Nein“ zugestanden. So genannte ‚Widerstände‘ werden geachtet und dürfen nicht gebrochen werden. Widerstand wird verstanden als Abwehr von etwas, das im Hier und Jetzt bedrohlich erlebt wird.

Gestaltung der therapeutischen Beziehung 

 

Aufgrund des massiven Vertrauensmissbrauchs durch wichtige Bezugspersonen sind Patient:innen mit komplexen Traumafolgestörungen in und gerade zu Beginn einer Therapie aufgrund von Angst vor neuerlicher Enttäuschung und Verletzung sehr misstrauisch. Der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung ist demnach bereits als wesentliche therapeutische Intervention zu verstehen. 

Die tragfähige therapeutische Beziehung erfordert Sicherheit, Verlässlichkeit, Würdeorientierung, Mitgefühl und eine Haltung von nicht wertendem, verurteilendem, sondern akzeptierendem, wahrnehmendem Interesse an der Einzigartigkeit der Person und ihrer individuellen Überlebensleistung.

Den Therapeut:innen kommt gerade zu Beginn der Therapie die Aufgabe stellvertretender Ich-Funktionen zu, die dann im Laufe der Therapie in die Eigenverantwortung der erwachsenen Patient:innen zurückgegeben werden kann. Die therapeutische Beziehung stellt damit eine Orientierung zur Verfügung, an dem Patient:innen sich stabilisieren und wachsen können. Am Beispiel der therapeutischen Haltung kann Selbstakzeptanz, Selbstmitgefühl und Selbstwertschätzung entwickelt und eine Ermutigung erfahren werden, sich mit dem Erleben schrittweise auseinanderzusetzen.  

Damit sich Patient:innen auf das Beziehungsangebot einlassen können, braucht es eine Erfahrung von Kontrolle und Steuerung, also Selbstwirksamkeit. Patient:innen erleben darüber äußere Sicherheit.  

Die therapeutische Beziehung stellt für diesen Prozess einen gemeinsamen Raum zur Verfügung, in dem Patient:innen so genannte neue, gute Erfahrungen machen können, die dem Schrecken von damals stabilisierende Gegengewichte gegenüberstellen. In diesem gemeinsamen und geschützten Raum haben Patient:innen die Möglichkeit, alte Verhaltensmuster erleben, ausagieren, inszenieren zu dürfen, aber diese eben auch verändern zu können. Erkenntnisse aus dem Geschehen von Übertragung und Gegenübertragung finden dabei besondere Beachtung. 

Patient:innen können in der therapeutischen Beziehung eine äußere Sicherheit erfahren, damit innere Übererregung reduzieren und zunehmend Selbstregulationsfähigkeiten entwickeln. Der innere Raum der erwachsenen Patient:innen belastende Affekte  tolerieren zu können, wird darüber wachsen. 

Das Erleben von äußerer Sicherheit ist die Grundlage für das Erleben innerer Sicherheit, d.h. es wird für die Patient:innen erfahrbar, dass die aktualisierte, erlebte Lebensbedrohung kindlicher Selbstanteile nicht mehr gegenwärtig ist. Patient:innen können nun auch mit ihren inneren verletzten Ich-Anteilen erleben, 'es ist vorbei, ich habe es überlebt’. Darüber kann die chronische Übererregung, die ein Hauptsymptom der komplexen Traumafolgestörung darstellt, sukzessive beruhigt werden. Patient:innen erleben sich in der Folge mehr und mehr gegenwärtig und in ihren erwachsenen Möglichkeiten handlungsfähig, können sich damit als deutlich distanziert zum Schrecken im Damals-Dort erfahren. 

Therapeutisches Vorgehen

 

Der Ego-State-Ansatz von Watkins & Watkins bietet ein geeignetes Modell für das Bild der ‚inneren Bühne‘, mit dem PITT® arbeitet: in dem erwachsenen Ich bestehen (neben den auch ressourcenhaften Erfahrungen) alle traumatischen Erfahrungen in Form von Persönlichkeitsanteilen fort, förmlich in der Zeit der Traumatisierung eingefroren. Die dissoziative Aufspaltung des Selbst in Teile ist unter einer traumatischen Erfahrung überlebenssichernd, schwächt aber in der Gegenwart das erwachsene Ich in seiner Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit. Patient:innen erleben sich in reaktualisierenden „Trigger“-Situationen ‚wieder hilflos wie damals‘.  

Traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit werden in PITT® als jüngere, verletzte Ich-Anteile bezeichnet.  Anders als der unscharfe Begriff des einen ‚inneren Kindes, geht PITT® insbesondere bei der komplexen Traumafolgestörung davon aus, dass es viele solcher verletzter Anteile gibt. Für das Verstehen von und das Umgehen mit diesen jüngeren Ich-Anteilen ist es wichtig, die Zeit der Entstehung zu berücksichtigen: wie alt war das Kind, wie war seine Situation, was konnte es in diesem Alter, was hätte es in dem Alter gebraucht. Wissen um Entwicklungspsychologie ist dabei unerlässlich und Teil der Fortbildung in PITT®. 

 

PITT® orientiert sich am 3-Phasen-Modell nach Pierre Janet5: Stabilisierung, Konfrontation, Integration und Neubeginn. 

Es wird mit dem Konzept der ‚inneren Bühne‘ gearbeitet, die zu einem gemeinsamen inneren Raum wird, in dem Patient:innen, angeregt und unterstützt durch die Therapeut:innen ‚spielerisch‘ agieren können und sich dadurch wieder handlungsfähiger erleben. 

Wenn es auf der inneren Bühne gelingt, den verletzten Anteilen imaginativ zu begegnen, sie aus der damaligen Situation herauszulösen und ihnen das zu geben, was sie immer schon gebraucht hätten, können eben diese ehemals hilflos ausgelieferten Anteile über den:die Erwachsene in der Gegenwart erfahren, ‚dass es heute anders ist, der:die Erwachsene über mehr und andere Möglichkeiten verfügt als das Kind von damals, dass er:sie nicht mehr so ausgeliefert und hilflos, wie das Kind von damals ist, dass es heute anders und auf jeden Fall anders sicher ist‘. Dann kann die innere Erregung, die dem bisherigen inneren Erleben von andauernder Bedrohung geschuldet war, absinken, der:die Erwachsene darüber Orientierung im Hier und Jetzt finden und in der Folge zu erwachsener Handlungsfähigkeit gelangen. 


Die sogenannte Versorgungsarbeit jüngerer, verletzter Anteile ist laut Luise Reddemann das Herzstück der PITT® -Arbeit. 

 

1.   Stabilisierung

Bei komplexer Traumafolgestörung geht es um die imaginative Versorgung vieler so genannter jüngerer, verletzter Ego-States oder Innenanteilen. Dafür muss zuerst die Vorstellung im Sinne einer therapeutischen Ich-Spaltung ermöglicht werden, dass es den:die Patient:in gleichzeitig sowohl in der Rolle des:der Erwachsenen, als auch in der Rolle des verletzten Kindanteils geben kann und dass der:die Therapeut:in den:die erwachsene Patient:in darin unterstützt, die eigenen verletzten Anteile zu versorgen. In der in PITT® eingesetzten Imagination wird dann eine Begegnung zwischen dem erwachsenen und dem verletzten Selbstanteil ermöglicht. Der verletzte Teil kann nun erfahren, in seinem Leid gesehen und getröstet zu werden. 

Da die Auseinandersetzung mit erfahrenen Verletzungen immer schmerzlich ist und die Bearbeitung dieser Erfahrungen immer in die Nähe dazugehöriger Affekte bringt, ist es in der Haltung der PITT® unerlässlich, mit Patient:innen eine weit reichende Distanzierungsfähigkeit zu erarbeiten. Dies geschieht insbesondere über die Technik des ‚inneren Beobachters' (alternativ die sog. ‚Bildschirmtechnik‘). Mithilfe des ‚inneren Beobachters' wird der emotionalen Identifizierung mit dem traumatischen Erleben entgegengewirkt und damit der, insbesondere bei komplexen Traumafolgestörungen ausgeprägten Dissoziationsneigung über mannigfache affektive Brücken. 

Die Begrenzung der Dissoziationsneigung ermöglicht, dass Patient:innen in ihrer gegenwärtigen Präsenz bleiben und darüber vergangene, ehemals abgespaltene traumatische Erfahrungen integrieren können. Eine Integration bislang abgewehrten Materials kann nur bei ausreichender Stabilität Betroffener gelingen und das berücksichtig PITT® in besonderem Maße. 

Da das alte kindliche Leid nicht selten als sehr belastend von dem:der Erwachsenen erlebt und nicht ausgehalten wird, können an der Stelle ergänzend und unterstützend sog. Helferwesen imaginiert werden, die dann die Versorgung übernehmen. 

Zur Therapie mit PITT® gehört des Weiteren die Wandlung sog. Introjekte, also Innenanteile, die in abwertender oder antreibender Form gegen den:die Patient:in gerichtet sind und damit oftmals einen Therapieverlauf erschweren oder auch unterbinden (‚es darf dir nicht gut gehen‘).

Mit PITT® kann über ausreichende Distanzierung die in den Introjekten verborgene, ehemals das Kind schützende Funktion herausgearbeitet und dem:der Erwachsenen in einer jetzt hilfreichen Wandlung wieder zugänglich gemacht werden.

Sowohl die Versorgung verletzter Anteile, als auch die Introjektarbeit gehören nach PITT® zur Stabilisierungsphase, beinhalten aber durchaus konfrontierende Elemente in der Bearbeitung erlittener Traumatisierungen und stellen für Patient:in durchaus eine emotionale Herausforderung dar, die stets eine ausreichende Stabilität und Regulationsfähigkeit des erwachsenen Ich erfordern. 

 

2. Konfrontation

Neben den Elementen der Stabilisierungsphase, umfasst PITT® die Traumakonfrontation, welche ein genaues, kleinschrittiges Durcharbeiten einzelner traumatischer Erfahrungen bedeutet. Traumakonfrontation darf gemäß der würdeorientierten Haltung der Therapeut:innen kein Selbstzweck sein. Für einige Patient:innen erscheint es hilfreich, Erfahrenes noch einmal genau anzuschauen und das Narrativ  möglichst komplett wieder herzustellen. Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Stabilität der Patient:innen und deren eigener Wunsch, bestimmte Inhalte genauer durcharbeiten zu wollen. Auch in der Konfrontation arbeitet PITT® mit größtmöglicher Distanz über den ‚inneren Beobachter' und nach dem so genannten BASK-Modell nach Braun und setzt auf die zuvor erarbeiteten Fähigkeiten zur Selbstregulation.

Der Maßgabe einer mitgefühlsbasierten Traumatherapie folgend schließt die Konfrontationsarbeit nach PITT® mit der Trostphase ab, in der ein Raum entsteht für die bislang nicht möglich gewesene Trauer über das Erlebte. Die  Fähigkeit zu  Selbstmitgefühl wird gestärkt, was schließlich die Akzeptanz des Erlebten und damit die Integration dessen fördert.  

 

3. Integration und Neubeginn

Elemente dieser Phase finden immerwährend und zu verschiedenen Zeitpunkten der Behandlung nach versorgender und/ oder aufdeckender Arbeit Anwendung. Da jedoch insbesondere Traumata, die durch andere Menschen zugefügt wurden tiefgreifende Veränderungen des Selbst­- und Weltvertrauens nach sich ziehen, ist eine spezifische therapeutisch begleitete Phase des Trauerns, der Integration und des Neubeginns nach einer Zeit der Beschäftigung mit traumatischen Erfahrun­gen besonders wichtig, um nachhaltige Veränderungen zu unterstützen. 

Da viele komplex traumati­sierte Patient:innen wenig Erfahrung im Umgang mit Konflikten mitbringen und im Rahmen von Konflikten zu Dissoziation oder Schuldgefühlen neigen,  kommt zudem die Erarbeitung von Konfliktbewältigungsmöglichkeiten eine besondere Relevanz zu. Auch die Trauerarbeit erscheint vor dem Hintergrund in hohem Maße belasteter Biografien besonders herausfordernd, sodass imaginative Elemente  der PITT® (‚innerer Beobachter‘, Loslösungsrituale) angewendet werden. 

Nicht zuletzt soll in dieser Phase eine innere Vorbereitung neuen Verhaltens und Handelns mit Hilfe der Vorstellungskraft und therapeutische Unterstützung in der Umsetzung im Alltag erfolgen. Erneute Arbeit mit verletzten Anteilen kann auch hier hilfreich sein, etwa zur Betrachtung von Blockaden oder Ambivalenzen.

 

« Es ist erstaunlich, wie viel Menschen vermögen, wenn man es ihnen nur zutraut. So gehört zu meiner Arbeit die Vorstellung, dass sehr viele Patientinnen und Patienten trotz großer Beschädigungen viel mehr sind als diese Beschädigungen und über selbstregulative Kräfte verfügen. Allerdings liegt es in der Hand der Therapeutin, diese zu fördern oder mehr oder weniger zum Versiegen zu bringen. 

„Beidäugiges Sehen“ (Fürstenau, 2007), d.h. das Wahrnehmen der Stärken und der Probleme ist daher eine meiner wichtigsten Grundüberzeugungen. Das bedeutet Übernahme von Hilfs-Ichfunktionen eher im Sinne von Ermutigung, die eigenen selbstregulativen Kräfte vor allem zur Selbstberuhigung und zum Mitgefühl getragenen Umgang aufzuspüren und zu nutzen.

Über das Medium einer hilfreichen Beziehung wird vor allem die Selbstbeziehung und Selbstberuhigungsfähigkeit betont und mittels Imagination angeregt, diese neu zu gestalten und seelische Wunden damit einer Heilung zuzuführen. Mitgefühl der Therapeutin/des Therapeuten und der Patientin/des Patienten für sich selbst im Sinne einer imaginativen Nachbeelterung nimmt einen zentralen Platz in der therapeutischen Arbeit ein.

Dabei wird auf die Beachtung des Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehens Wert gelegt. Die daraus resultierenden Erkenntnisse werden genutzt, die Patientin/den Patienten zu einem veränderten – imaginativen sowie handlungsorientierten – Umgang mit sich selbst anzuregen. Mitgefühl und Trost aber auch Anerkenntnis des geschehenen Unrechts werden im Umgang des erwachsenen Selbst mit „jüngeren“ – verletzten – Selbstanteilen stark betont und geübt.

Leitend ist das Konzept der „inneren Bühne“, die zu einem gemeinsamen imaginären Raum wird, auf dem die Patientin, ggf. angeregt und unterstützt durch die Therapeutin, „spielen“ kann. Dadurch wird sie wieder handlungsfähiger.

Imagination, genauer Vorstellungskraft, ist geeignet, Verstand und Gefühle miteinander zu verbinden sowie den Körper in die therapeutische Arbeit mit einzubeziehen.

Achtsames Wahrnehmen des Körpers und der Körperbedürfnisse wird daher fortwährend angeregt, die Auswirkungen von Vorstellungen auf den Körper und sein Befinden sind unmittelbar wahrnehmbar und helfen der Patientin/dem Patienten, sich bewusst und aktiv auf wirkungsvollere und heilsamere Vorstellungen einzulassen." 

 

Luise Reddemann